
Das Feuer in seiner Seele soll man nie ausgehen lassen, sondern schüren.
Vincent van Gogh
Im Dezember 2022 feiert sie ihren 100er: Die Feuerhalle Simmering, Österreichs ältestes Krematorium.
Auf einer Gesamtfläche von mehr als 215.000 Quadratmetern befinden sich in der Simmeringer Hauptstraße gegenüber des Wiener Zentralfriedhofs neben der eigentliche Feuerhalle auch an die 50.000 Grabstellen mit über 240.000 Urnen. Hier sind unter anderem der Schriftsteller H.C. Artmann, die Pädagogin Minna Lachs, der Wiener Bürgermeister Jakob Reumann oder der Mediziner Julius Tandler beigesetzt.
Am 17. Dezember 1922 wurde die von Architekt Clemens Holzmeister erbaute Feuerhalle Simmering als erstes österreichisches Krematorium von Bürgermeister Reumann feierlich eröffnet. Die erste Einäscherung fand im Jänner 1923 statt – und zwar unter zahlreichen Protesten.
Alles, was Recht ist
Lange Zeit war nämlich nicht klar, ob die erfolgten Feuerbestattungen rechtens waren, da die damalige Bundesregierung diese verbieten wollte und in weiterer Folge dazu sogar den Verfassungsgerichtshof anrief. Dieser entschied schließlich im Jahr 1924, dass das Bestattungswesen in die Zuständigkeit von Gemeinden – im konkreten Fall also der Stadt Wien – fiel. Diese durfte sich somit ab sofort ganz legal über den Bund hinwegsetzen und Feuerbestattungen durchführen.
Die Zahl der Einäscherungen stieg nun rasch an. Bereits im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens musste die Feuerhalle erstmals vergrößert werden.
Weitere Erweiterungen folgten in den 60er-Jahren, bevor Mitte der 80er die vier, ursprünglich mit Koks betriebenen, Kremationsöfen durch elektrische ersetzt wurden. 2013 wiederum kam es zum Austausch eines der Öfen mit einem leistungsfähigeren, gasbetriebenen Modell. Derzeit sind neben diesem noch zwei elektrische Kremationsöfen im Einsatz.
Einzigartig
Die Feuerhalle Simmering ist nicht nur das älteste, sie ist das einzige Krematorium in Wien. Grundsätzlich besteht allerdings für die Wiener Bevölkerung keine gesetzliche Verpflichtung, Einäscherungen in Wien durchzuführen, man kann auch in andere Bundesländer ausweichen. Bestattungsunternehmen aus den Bundesländern wiederum können auch Kremationen in Wien durchführen lassen.
Die Simmeringer Feuerhalle ist jedoch mit Sicherheit einzigartig. Ihre Besonderheiten sind die wunderschönen Arkaden mit dem Kolumbarium, dem Nischenbereich zur Lagerung der Urnen, sowie der Urnenhain für Mensch und Tier, wobei letztere aber nicht in der Halle eingeäschert werden dürfen.
Ebenfalls bemerkenswert ist das Heizungssystem, das die Abwärme des Krematoriums zum Beheizen der Feuerhalle nutzt.
Jahrhundert-Ereignis
Pünktlich zum 100. Geburtstag im Dezember 2022 wird die bisher jüngste Erweiterung der Feuerhalle fertiggestellt werden: Im derzeit errichteten Zubau wird es einen weiteren Ofen und ein neuen Kühlraum sowie einen Verabschiedungsraum für Trauerfeiern geben. Künftig wird es zudem möglich sein, auch bei der Einfuhr des Sargs in den Ofen anwesend zu sein.
Damit wird einem wahren Kremationsboom Rechnung getragen. In den vergangenen Jahren stieg der Anteil an Feuerbestattungen deutlich. In Wien machen diese bereits rund ein Drittel aller Bestattungen aus; Tendenz steigend.